Yūgen Deutsch

„Schaut man durch den Nebel auf die herbstlichen Berge, dann ist die Sicht unscharf und doch von großer Tiefe. Auch wenn man nur wenige Herbstblätter sieht, die Ansicht ist reizvoll. Die unbeschränkte Aussicht, welche die Vorstellung hervorbringt, übersteigt alles, was man klar erkennen kann.“ (Haga Kōshirō)

In kaum einem anderen Land der Welt werden handwerkliche Traditionen so hochgehalten wie in Japan. Meisterhandwerker stehen in hohen Ehren und es gibt einen Begriff der die bedeutendsten dieser Meister als „lebender Nationalschatz (人間国宝)“ ehrt. Neben der Aussicht eine neue, ganz andere Kultur kennen zu lernen, war es also vor allem diese Handwerkstradition, welche mich im Oktober 2018 zu meiner ersten Japanreise veranlasste.

Nach mehrtägigen Aufenthalten in Tokyo und Kyoto sowie Ausflügen nach Kobe, Nara, Nagoya und Osaka, habe ich noch ein paar Tage in Nikkō verbracht. Als ich dort den Weg zum Gipfel des Hangetsuyama (半月山) einschlug, war mir nicht klar, dass mich diese Tour einem Ziel näherbringen würde, zu dem ich bereits seit zehn Jahren unterwegs war.

Im Oktober 2008 hatte ich mir meine erste Drechselbank gekauft und seitdem war ich, mal bewusst, mal unbewusst auf der Suche nach etwas Verborgenem gewesen. Etwas, von dem ich zwar wusste wie es sich anfühlen könnte, aber keine Ahnung hatte wie es aussehen sollte. Ich hatte (und habe) nicht viel Ahnung von Kunst und verstand mich schon immer als Handwerker und nicht als Künstler. Eines jedoch ist mir immer klar gewesen – Kreativität kann man nicht erzwingen. Im Laufe der Jahre waren mit meinem handwerklichen Können zwar auch meine Fähigkeiten gewachsen, mit Objekten Emotionen auszulösen, doch die eigenen Emotionen fühlbar mitschwingen zu lassen gelang mir nach eigenem Empfinden nie.

Als ich nun an eben diesem Tag, durch den nebeligen Herbstwald wanderte überfiel mich ein ganz eigenartiges Gefühl. Etwas, das ich zwar früher schon erlebt hatte, jedoch in Gedanken immer zu beschäftigt war, um es bewusst wahrzunehmen. Eine tiefe innere Ruhe und Zufriedenheit im Hier und Jetzt. Subtil, leise wie ein zu Boden fallendes Blatt und doch so überwältigend in seiner Einfachheit, dass man es nicht in Worte fassen kann.

Zuerst verstand ich nicht was in diesem Moment passiert war. Doch im Laufe der nächsten Tage bin ich langsam zu der Erkenntnis gelangt, dass es nicht das offen Sichtbare war das mich tief in meinem Inneren berührt hatte, sondern die Vorstellung davon, was sich dahinter verbirgt. In dem Moment im Wald, war es nicht der wunderbare Pfad, gesäumt von Zwergbambus inmitten vermooster Bäume, es war meine Vorstellungskraft.

In den Monaten nach meiner Reise bin ich immer wieder zu diesem Moment zurückgekehrt und in mir ist langsam der Entschluss gewachsen dieses Gefühl in einer Kollektion zu verarbeiten. Inspiriert durch die traditionelle japanische Reserve-Färbetechnik Shibori (絞り染め), bei welcher unter anderem Indigo als Färbemittel benutzt wird, ist die Yūgen Kollektion entstanden. Die zu Grunde liegende Technik basiert auf der Kanoko shibori Technik (日本の絞り染め). Diese wurde von mir im Verlauf mehrerer Monate abgewandelt und so lange verfeinert, bis das Ergebnis meinem Anspruch gerecht wurde. Besonders herausfordernd war hierbei für mich, über die von mir angestrebte Perfektion hinaus, die Schönheit des Perfekten im Unperfekten zu erkennen, zuzulassen und wertzuschätzen. Ein in der westlichen Welt eher unbekanntes, doch in der japanischen Ästhetik wichtiges Konzept.

Inspiriert durch die Reise in dieses wundervolle Land ist es mir am Ende gelungen, etwas Eigenständiges zu erschaffen, das gleichzeitig eine Hommage an die japanische Handwerkskunst darstellt. Mit Hilfe verschiedener Reservagen entstehen ungefärbte Bereiche welche dem Betrachter einen Blick hinter die „blau gemachte“ Oberfläche erlauben. Das tiefe Blau des natürlichen Indigo Pigments schimmert je nach Lichteinfall und Faserrichtung des Holzes in unterschiedlichen Nuancen.

 

 

Die Oberfläche der Objekte ist mit lebensmittelechtem Hartwachs-Öl versiegelt und somit bestens für den Kontakt mit trockenen Lebensmitteln geeignet. Eine besondere Pflege ist nicht notwendig. Die Reinigung erfolgt am besten mit einem weichen, trockenen Baumwolltuch (bei Fingerabdrücken vorher leicht anhauchen). Sollte eine Feuchtreinigung nötig sein, geschieht diese am besten mit einem weichen nebelfeuchten Baumwolltuch.